Highlights
25. März 2020
Harald Klauhs, Wien
Jetzt kommt mir zugute, dass ich ein asozialer Mensch bin. Nicht in dem Sinne, dass ich anderen nicht helfen möchte, aber in jenem, dass ich nicht mit ihrem Privatleben behelligt werden möchte. Denn das ist in den meisten Fällen genauso uninteressant wie meines; oft sogar ähnlich. Die „sozialen“ Netzwerke haben in den vergangenen Jahren eine Flut an Privatem in die Öffentlichkeit gespült, das mich so gar nicht interessiert. Mich beschäftigt auch nicht, wem was gefällt. Ich frage mich vielmehr: Was bedeutet diese Krise? Was bedeutet dieses Verbot von persönlicher Kontaktnahme, die erzwungene Abschaffung von Intimität? Ja, wir können Telefonieren, Video-Konferenzen machen, Skypen, auf zig digitalen Kanälen uns „verständigen“. Aber was bewirkt das, dass wir uns mit mindestens einem Meter Abstand begegnen dürfen?
Ich bin gestern rund um die Steinhofgründe spaziert. Am Rückweg bin ich ein Bächlein entlanggegangen, das ins Rosental hinabfließt. Da plätschert links des Weges der Bach und rechts davon steigt der Satzberg hoch. Das Weglein ist deshalb schmal. Da kam mir ein Mann entgegen. Ich wollte einen Schritt zur Seite treten, um auszuweichen. Doch er drehte um, suchte eine etwas weniger steile Stelle und kletterte den Hang hinauf. Damit er mindestens eineinhalb Meter Abstand zu mir hat. Ich ging vorüber und bedankte mich. Und fragte mich, was ich da jetzt gerade erlebt habe.
Nicht, dass ich gern ein Bad in der Menge nähme. Ganz im Gegenteil. Aber was bedeutet das, einander nicht mehr näherkommen zu dürfen? Das sind die Dinge, die mir durch den Kopf gehen.