Der ebenso überzeugende wie provokante Entwurf einer gar nicht so fernen Zukunft, in der Überwachungsstaat und Identitätspolitik sich prächtig vertragen.
Mit Witz und Tempo erzählt Cordula Simons bitterböser Roman von einer Zukunft, die unserer Gegenwart beängstigend nah ist: Überwachung und Selbstregulierung durch einen implantierten Log sind Alltag geworden, wer sich entzieht, macht sich verdächtig. Als Sandor, der Wettermann des Aufrichtigen Äthers, vor laufender Kamera die zerstörerischen Pläne der Toleranzunion verrät, zeigt sich das Regime von seiner gnadenlosen Seite: Er wird unerbittlich verfolgt, genauso wie die „Wölfe von Pripyat“, eine angebliche Terrorgruppe, die gegen den Konsul kämpft, der scheinbar wohlmeinend über die Union herrscht. Simons großer Roman entwirft die halluzinatorische Vision einer Zukunft, in der auch die ersehnte Freiheit nur eine digital erzeugte Illusion, ein besonders raffinierter Trick des Systems ist.
Neue Texte aus Mitteleuropa, Osteuropa, Südosteuropa und dem Schwarzmeerraum
Zehn Jahre Writers in Residence
Die in diesem Band versammelten Texte stammen von 45 Autorinnen und Autoren aus dem Schwarzmeerraum, Ost- und Mitteleuropa, die 2010–2020 zu einem Residenzaufenthalt nach Wien kamen. Die in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren geborenen Autorinnen und Autoren waren jung, als in Armenien, Georgien, der Moldau und der Ukraine noch Russisch gesprochen wurde und es in Jugoslawien eine gemeinsame Sprache gab. Nun haben sie für „Erklärung für alles“ neue Texte beigesteuert. Das Ergebnis ist ein aufregender, vielseitiger Reader, der die relevantesten Stimmen der letzten Jahrzehnte zusammenbringt und uns einlädt auf eine literarische Entdeckungsreise von Skopje nach Sarajevo, von Tirana nach Perm, von Minsk nach Tiflis, von Istanbul nach Chisinau.
Tief dringt die Ermittlerin Medea in die Abgründe der georgischen Gesellschaft.
Mit Leidenschaft und Unerbittlichkeit verfolgt die Ermittlerin Medea einen besonders üblen Fall von sexueller Gewalt: Vor zwei Jahrzehnten ist die vierzehnjährige Salome von einer Gang aus Klassenkameraden als Sexsklavin gehalten worden. Als Medea gemeinsam mit ihrer Geliebten Tina herausfindet, dass nicht nur einige angesehene Geschäftsleute, sondern auch ihr eigener Ex-Mann zu der damaligen Gang gehören, kennt ihre Lust auf Rache keine Grenzen mehr. Unerschrocken stellt die Autorin dem rücksichtslosen Bündnis von Patriarchat, Politik und Geld in Georgien eine unvergessliche und gnadenlose Frauenfigur von mythischer Größe entgegen.
Erhältlich als
Hardcover
Aus dem Georgischen übersetzt.
144 Seiten
Format: 125 x 205
ISBN: 9783701717378
Erscheinungsdatum: 19.10.2021 €
19,00
inkl. MwSt.
E-book
Aus dem Georgischen übersetzt.
128 Seiten
ISBN: 9783701746569
Erscheinungsdatum: 19.10.2021
Zwischen der Suche nach Nähe und der Angst vor Überwachung erzählt „Soviel man weiß“ vielstimmig vom Leben in unserer Zeit.
„Wir überwachen zurück!“: Mit nächtlichen Überfällen versucht sich eine autonome Gruppe gegen die Allgegenwart von Kontrolle zu wehren. Noch sind sie nur mit Spraydosen bewaffnet, aber wieweit darf ziviler Widerstand gehen? Mirjam hat da so ihre Zweifel. Dann ist da noch Agnes, die der Untreue ihres Lebensgefährten mit einer App auf die Schliche kommen will, der Flüchtling Illir Zerai, den nach seiner Arbeit für den albanischen Geheimdienst nun der Verfolgungswahn plagt, und der Student Marek, der sich auf einer Party in eine Unbekannte verliebt. Sie alle wohnen im selben Mietshaus – und wie alle Nachbarn brauchen und misstrauen, bespitzeln und helfen sie einander. Doch irgendwann ist es an der Zeit, keine Angst mehr zu haben.
Der dritte Band von Lukas Kummers hochgelobter Graphic Novel nach Thomas Bernhards „Autobiographischen Schriften“.
„Der Atem“ steht im Zentrum von Bernhards Autobiographie: Hier trifft zusammen, was sein Schreibprojekt bis heute einzigartig, faszinierend und grenzgängerisch macht, das Nebeneinander von tiefster Verzweiflung und schöpferischer Kraft. Eine schwere Rippenfellentzündung reißt den jungen Mann jäh aus seiner Lehre, todgeweiht muss er ins Krankenhaus. Doch das Sterbezimmer, in das er abgeschoben wird, erweist sich als Wendepunkt: Thomas Bernhard „entscheidet“ sich für das Leben – und er entscheidet sich, nach dem Tod des Großvaters, selbst Schriftsteller zu werden. Für diesen Weg von der Todesnähe zur rettenden Selbstschöpfung findet Lukas Kummer eine kontrastreiche und eindringliche Bildsprache.
Ein wunderbar ironischer Roman über eine junge Frau, einen alten Mann und die Kraft der Literatur.
Als Buchhändler war der alte Herr Roch stets von Büchern umgeben, nun hat er selbst einen „Jahrhundertroman“ geschrieben. Es soll darin um Literatur gehen – von Musil und Roth bis zu Bachmann und Handke. In Geschichten, in denen der Möglichkeitssinn die Wirklichkeit oft ausblendet. Die Studentin Lisa, Kellnerin in Rochs Stammcafé, soll das Manuskript für ihn abtippen. Da sie Rochs Schrift nicht lesen kann, will er ihr diktieren, doch alles ist heillos durcheinandergekommen. Zwischen dem alten Mann, der voller Geschichten steckt, und der jungen Frau, die ihm nicht alles glaubt, entwickelt sich eine ambivalente Beziehung. Doch Lisa hat auch andere Sorgen: Ihre Freundin Semira soll abgeschoben werden. Kann Rochs Bücherlager ihr Zuflucht bieten?
Ein einzigartiges popkulturelles Spiel mit dem Belgrad der Neunziger – und zugleich ein verrückter Wettlauf gegen eine Zeit, die die Gesellschaft eindeutig verschissen hat.
Belgrad, 1995: Marko, seine Schwester Vanja und Kasandra aus der Roma-Siedlung leben im „riesigen psychowirtschaftlichen Desaster“ der 90er-Jahre – einem Teufelskreis aus Armut, Gewalt, Inflation, Drogen und neuen Technologien. Doch gibt es in diesem genialen Roman auch Gangs und Dealer, einen verrückten Wissenschaftler und eine Zeitmaschine, eine Balkan-Pop-Ikone und schrägen Sex, es gibt Bombardements und Zerstörung, aber auch Musik und Freundschaft. Und als die drei Jugendlichen in das Kriegsjahr 1999 katapultiert werden, begreifen sie, dass sie ihre Stadt aus den verheerenden 90ern befreien müssen. In einer rasanten Verfolgungsjagd versuchen sie, den Schlüssel zur Zeitschleife zu finden und Geschichte neu zu schreiben.
Erhältlich als
Klappenbroschur
2. Auflage Mai 2022. Inklusive Beiheft
304 Seiten
Format: 125 x 205
ISBN: 9783701716982
Erscheinungsdatum: 24.08.2021 €
25,00
inkl. MwSt.
Die Bestsellerautorin Erika Pluhar erzählt von einer Frau, die an einem Wendepunkt ihres Lebens steht.
Mit 51 Jahren kehrt Hedwig Pflüger in die von ihrer Großmutter ererbte Wiener Wohnung zurück, nachdem sie diese Stadt und die alte Frau, bei der sie aufwuchs, einige Jahrzehnte gemieden hatte. Hedwig steht am Wendepunkt ihres Lebens und beginnt in der Stille des alten Wiener Wohnhauses, von Erinnerungen belagert, Vergangenes aufzuschreiben. Es wird zum Bericht vom Leben einer Frau, der nicht gelingen wollte, den genormten Forderungen ihrer Zeit zu genügen, die nach allem vergeblichen Bemühen immer wieder in Isolation und Einsamkeit geriet. Jetzt aber, während sie schreibend zurückblickt, erlernt Hedwig, Gegenwart anzunehmen und sich für neue Herausforderungen zu öffnen.
Mit „Der Irrweg“ ist Martin Lechner erneut ein abgründiges und lustvolles Verwirrspiel der Sonderklasse gelungen.
Sprachgewaltig, komisch und ausdrucksstark erzählt Martin Lechner die Geschichte von Lars, einem Schulabbrecher, der seinen Zivildienst in den Werkstätten einer Psychiatrie ableistet. Nur im „Brockwinkel“ findet Lars Zuflucht vor seiner Mutter, deren Übergriffe schlimmer sind als jeder tobende Patient. Hier begegnet Lars auch der Insassin Hanna, die ihn aus dem Nichts in die herrlichsten Handgreiflichkeiten verwickelt, deren Kompromisslosigkeit jedoch bald bedrohliche Ausmaße annimmt. Ist sie es, die das Auto des Werkstättenleiters abgefackelt hat? Und werden die Flammen ihrer Amour fou bald auch den durchs Leben stolpernden Lars verbrennen? Und kann, wer auf dem Irrweg ist, je zurückfinden in ein geordnetes Leben?
Hoffnungslos, aber nicht ernst: Ferčecs Roman ist ein kleines existentialistisches Meisterwerk.
Wunder wird es in den Staaten des ehemaligen Jugoslawien tatsächlich keine geben, auch wenn der Kapitalismus sie unablässig verspricht. Bender, der vor dem Bürgerkrieg geflüchtet ist und seitdem in der Fremde im Exil lebt, kehrt erstmals in das zerstörte Dorf seiner Kindheit zurück. Sein Vater, der in Kroatien geblieben ist, ruft ihn: Die Mutter ist verschwunden, Bender soll helfen, sie zu finden. Präzise, lakonisch und mit schwarzem Humor beschreibt Goran Ferčec die Alltagsroutinen und die vergebliche Suche der beiden Männer. Vater und Sohn sind traumatisiert und außerstande, Worte für ihre Verluste zu finden, ihre kargen Dialoge scheinen geradewegs aus dem absurden Theater eines Beckett zu stammen. So knapp und so untergründig komisch ist bisher noch selten von der Sinnlosigkeit des Kriegs erzählt worden.
Erhältlich als
Hardcover
Aus dem Kroatischen übersetzt.
288 Seiten
Format: 125 x 205
ISBN: 9783701717408
Erscheinungsdatum: 13.04.2021 €
24,00
inkl. MwSt.
E-book
Aus dem Kroatischen übersetzt.
224 Seiten
ISBN: 9783701746538
Erscheinungsdatum: 13.04.2021